Rede zur Demo „Ein gutes Leben für Alle“ am 26.9.2024 (TFF & Venib)

Verein Nicht Binär…Grün

Trans Femme Fatale…lila

VIOLA:
Ich bin Viola von Trans Femme Fatale

PEPPER:
Ich bin Pepper von Venib

  • 1. Klassifizierung, d.h. die Einteilung in „wir“ und „sie“
  • 2. Symbolisierung, d.h. Spitznamen und Zuschreibungen
  • 3. Diskriminierung, d.h. Ausgrenzung durch Missbrauch von sozialer, politischer bzw. gesetzgeberischer Macht
  • 4. Entmenschlichung, d.h. Stimmungsmache „ohne sie sind wir besser dran“
  • 5. Organisation, d.h. spezielle Einrichtungen werden geschaffen
  • 6. Polarisierung, d.h. Spaltung der Allgemeinheit, Einschränkung von Grundrechten wie der Ehe
  • 7. Vorbereitung, d.h. Angsterzeugung durch Hetze und Aufruf zur „Selbstverteidigung“
  • 8. Verfolgung, d.h. systematische Menschenrechtsverletzungen
  • 9. Vernichtung, d.h. Mord und die Vernichtung kultureller Symbole
  • 10. Leugnung

Und wo warst du, als die FPÖ in den Wahlumfragen geführt hat?

Das waren die 10. Phasen eines Genozids nach Gregory Stanton. [1] Einen Genozid an queeren Menschen kann es aber lt. UN-Definition gar nicht geben, weil soziale Gruppen in der UN-Völkermorddefinition nicht enthalten sind. In Entwürfen waren sie das, aber in die finale Fassung haben sie es aber nicht geschafft. Dieser Mangel and Sichtbarkeit und rechtsstaatlicher Anerkennung zieht sich quer durch die Gesetze. Aber dagegen kämpfen wir, z.B. mit der Genderklage. [2] Die Mühlen des Rechtsstaates malen aber langsam. Sehr langsam. Für viele zu langsam.

Wir sehen das zum Beispiel, wenn wir nach Georgien blicken. Die trans Frau Kesaria Abramidze wurde letzte Woche am 18. September 2024, von ihrem Partner brutal erstochen.

Es war ein Femizid.
Es war ein Transizid.
PATRIARCHAT TÖTET – TRANSFEINDLICHKEIT TÖTET

Kesaria war offen trans, sie sprach in der Öffentlichkeit darüber, klärte auf und setzte sich auch gegen Femizide und Transfeindlichkeit ein. Ihre Ermordung war ein Tag nach Einführung des sogenannten “Anti-LGBT-Gesetzes” in Georgien und ist Beispielhaft für das Schicksal so vieler trans Personen.

Denn es ist ein strukturelles Problem.

Mit dem Beschluss des “Anti-LGBT-Gesetzes” in Georgien hat sich für trans Personen folgendes verändert (vgl. TGEU) :

  • Verbot transspezifische Gesundheitsversorgung, bzw. Gender affirming care
  • strafrechtliche Verfolgung von medizinischen Fachkräften bei Behandlung von trans Personen
  • Reisepasse werden nur entsprechend dem bei der Geburt zugeteilten Geschlecht ausgestellt
  • Ehen nur für cis-hetero Paare
  • kein Adoptionsrecht für queere Menschen
  • Die Versammlungsfreiheit für queere Menschen wird eingeschränkt – ein sich organisieren oder vernetzen wird damit unmöglich.
  • Es kommt zu einer Zensur queerer Inhalte wie Bücher, Podcasts, Sozial Media Posts,…
  • strafrechtliche Verfolgung von Lehrenden, wenn diese über Inhalte jenseits der Heteronormativität aufklären.

Damit sind die meisten der 10 Phasen eines Genozids erfüllt. Was hat das jetzt mit der Nationalratswahl in Österreich zu tun? Schauen wir uns die Wahlprogramme an:

 Die FPÖ verwehrt sich in ihrem Wahlprogramm „…gegen permanente Transgender Gehirnwäsche, die letztlich nur auf eine Zersetzung unserer gesellschaftlichen Grundlagen abzielt.“ Und spricht in diesem Zusammenhang von der „Auflösung der auf Binarität fußenden gesellschaftlichen und rechtlichen Ordnung“ durch eine angebliche TransgenderIdeologie.

Sie fordern ein Genderverbot im öffentlichen Raum, wollen kein Steruergeld für die Bewerbung “queerer Experimente”, sprechen sich gegen queere Aufklärung in Bildungseinrichtungen ein, hetzen gegen queere Kultur wie Drag und setzen es in den Kontext einer angeblichen Frühsexualisierung. Im Wahlkampf wurde dann groß mit einem Video geworben, in dem ein FPÖ-Politiker ein queeres Symbol, eine Pride Flag in den Mülleimer schmeißt. [3],[4]

 Die ÖVP spricht sich in ihrem Wahlprogramm für ein Verbot von Hormonbehandlungen unter 18 aus – sie werten diese als „medizinisch und ethisch umstritten“ ab. Dabei ist der Einsatz von Hormonbehandlung nicht fragwürdig, sondern hilft, medizinisch nachgewiesen, den psychischen Leidensdruck von trans Personen zu lindern. [5]

 Gemeinsam mit der FPÖ blockiert die ÖVP die Verbesserung von trans Rechten in Österreich wie zum Beispiel bei der Änderung der Dienstrechtsnovelle. Dort hat die ÖVP zwar vor wenigen Tagen für die Verbesserung von Transrechten gestimmt – aber im Sinne einer transfeindlichen Politik wird die ÖVP, Zitat „den Fehler korrigieren“ [6] und damit transrechte in die Tonne werfen. Die Dienstrechts-Novelle 2024 bzw. der Beschluss zum Bundesgleichbehandlungsgesetz (B-GlBG) schafft – trotz anderslautender Medienberichte – weder biologische Geschlechter ab, noch erweitert er die Rechte von nicht-binären Menschen; Beides ist bereits 2018 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof (VfGH G77/2018) geschehen. Die Formulierung „aufgrund des Geschlechts“ bildet daher lediglich die Realität ab, die der Nationalrat wie schon beim Meldegesetz zur Kenntnis nimmt. [7]

Herbert Kickl spricht davon, dass er Menschenrechte als lästiges Hindernis [8] bei der Umsetzung seiner Politik sieht. Karl Nehammer hatte im Zusammenhang mit den Rechten von inter* und nicht-binären Personen auch schon Kontakt mit der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft. Bei der Wahlkabine heißt es von der ÖVP zur rechtlichen Anerkennung genderqueerer Menschen lapidar, man nehme das Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis von 2018 zur Kenntnis. Sie hetzen aber auch fleißig weiter, jüngst erst bei der „unabsichtlichen“ Anerkennung nicht-binärer Menschen im Bundesgleichbehandlungsgesetz.

 Wir sehen, wie schnell Menschenrechte verloren gehen können und wie wenig passiert, wenn Staaten wie Georgien, Ungarn, Polen oder Rumänien trotz EuGH-Urteil weiter queere Personen diskriminieren. Jahrzehnte streichen dahin, bis sich vielleicht etwas tut. Schwarz-Blaue Regierungen haben die Justiz schon in der Vergangenheit Jahrzehnte beschäftigt. Eine aufstrebende Minderheit, die noch um Anerkennung kämpft, zu denunzieren ist ein bekanntes Muster. Nun sind genderqueere Menschen Ziel dieser menschenverachtenden Hasspolitik.

 Wir stehen jetzt aber vor einer seit der NS-Zeit nicht mehr dagewesenen Bedrohung: Rechte Kräfte wie z.B. der ehemalige Innenminister Kickl, der sich als  Volkskanzler bezeichnen will [9]  fordern offen die Konzentration an “Orten” [10] und Remigrationen [11] (d.h. Abschiebung) von Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen. Das betrifft nicht nur geschlechtliche Minderheiten, sondern alle Minderheiten. Wir sind in einer Situation, wo zwischen den Parlamentsparteien Schwarz-Blau der Konsens besteht, die Institute des Rechtsstaates zu demontieren. Orbán und Putin zeigen bereits, wie das geht.

Der Tod von queeren, insbesondere trans Personen wird billigend in Kauf genommen. Die Suizidalität bei trans Menschen liegt bei 40 %. Das ist fast 9-mal so hoch wie der Durchschnitt mit 4,6 %. Es zu unterlassen diese Zahl zu senken oder sie sogar weiter in die Höhe treiben zu wollen, halte ich für systematische Vernichtungspolitik. Die Suizidrate wird oft als Argument verwendet warum blockiert wird. [12] Weniger (anerkannte) trans Menschen, gleich weniger trans Suizide. Es liegt aber nicht am trans Sein, sondern am gesellschaftlichen Umgang mit trans Personen.

TRANSFEINDLICHKEIT TÖTET

 Das Schlimmste ist, dass wir uns bald in einer Lage wiederfinden könnten, wo uns zusätzlich die rechtsstaatlichen Möglichkeiten genommen werden, uns gegen diese Politik zur Wehr zur setzen. Es beginnt mit inter* und trans Kindern, als schwächste Minderheit. Niemensch sollte aber in falscher Sicherheit wiegen, dass es mit uns endet. Die NS-Vernichtungspolitik begann auch nicht mit Lagern, sondern der Bücherverbrennung im Hirschfeld Institut für Gender- und Sexualwissenschaften in Berlin.

 Es gibt Themen mit Grau-Schattierungen, über die mensch politisch verhandeln kann. Es gibt Dinge wie Menschenrechte, wo wir einfach Recht haben und nicht herumdiskutieren brauchen, sondern sie gerichtlich durchsetzen (müssen), wenn Regierungen nicht hören wollen. Vielleicht braucht es aber bald schon antifaschistische Selbstermächtigung, wenn die Regierung Demokratie und Rechtsstaat abschafft.

STAAT UND NAZIS HAND IN HAND – UNSERE ANTWORT: WIDERSTAND!

An alle, die es noch nicht gemacht haben: GEHT WÄHLEN
Wählt für Rechte von Trans Menschen.
Wählt für Rechte von nicht binären Menschen
Wählt für Menschenrechte und damit:
Wählt für Demokratie. 

Und gegen einen Zustand wie zu NS-Zeiten
Gegen einen Zustand der trans Menschen jegliche Freiheit nimmt, sie selbst zu sein.

Trans Rechte sind Menschenrechte!

Zum Schluss noch ein Appell an Alle:
Es reicht nicht, nur zu wählen. Steht für eure trans Geschwister ein. Steht für eure trans Kinder ein. Schützt sie, schützt uns.

Quellen:

[1] Ten stages of genohttps://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240906_OTS0118/trans-femme-fatale-ad-fpoe-wahlprogramm-sexuelle-aufklaerung-ist-keine-sexualisierungcide – Wikipedia
[2] Genderklage https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240906_OTS0118/trans-femme-fatale-ad-fpoe-wahlprogramm-sexuelle-aufklaerung-ist-keine-sexualisierung| Geschlechtliche Selbshttps://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240906_OTS0118/trans-femme-fatale-ad-fpoe-wahlprogramm-sexuelle-aufklaerung-ist-keine-sexualisierungtbestimmung ist ein Menschenrecht
[3] FPÖ Wahlprogramm
[4] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240906_OTS0118/trans-femme-fatale-ad-fpoe-wahlprogramm-sexuelle-aufklaerung-ist-keine-sexualisierung
[5] vgl. https://qck.tirol/2024/04/05/brief/
[6] ÖVP schafft versehentlich das biologische Geschlecht ab | DiePresse.com
[7] https://venib.at/dienstrechts-novelle-2024/
[8] https://kontrast.at/was-will-kickl-politik/
[9] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240822_OTS0128/volkskanzler-ist-nazi-sprache-herr-kickl
[10] https://www.derstandard.at/story/2000071880249/asyl-fpoe-kickl-will-fluechtlinge-konzentriert-an-einem-ort-halten
[11] https://www.fpoe.at/artikel/remigration-ist-auch-eine-art-von-klimaschutz/
[12] Stark erhöhte Rate an Suizid-Versuchen unter Transgender-Personen (univadis.de)

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