Das Gleichbehandlungsrecht in Österreich dient dem Diskriminierungsschutz, soll also Menschen vor einer sachlich ungerechtfertigten Ungleichbehandlung aufgrund bestimmter Merkmale wie z.B. Herkunft, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, etc. schützen. Es erstreckt sich aber weder auf alle Lebensbereiche noch bietet es einen einheitlichen Schutz in den jeweiligen Bereichen.
Schon seit Jahren besteht daher die Forderung, die Diskriminierung beim Diskriminierungsschutz zu beseitigen und den Schutz einheitlich auf alle Lebensbereiche auszudehnen („Leveling-Up“). Darüber hinaus arbeiten verschiedene LGBTQIA+ u.a. auch wir zusammen mit der Hosi Wien an einem Entwurf für ein modernes umfassendes Anti-Diskriminierungssrecht, dass über die bestehenden Dimensionen hinaus geht. Bis dahin kämpfen wir im Rahmen der bestehenden Regelungen und haben uns deshalb dem Klagsverband angeschlossen.
Der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern und ist eine Nicht-Regierungsorganisation (NGO). Neben verschiedenen Angeboten zu Antidiskriminierung und Gleichstellung bedeutet das auch die Unterstützung von Einzelpersonen vor Gericht in Musterverfahren. Als Mitglied des Klagsverband können wir und unsere Mitglieder auf die Ressourcen des Klagsverbands zurückgreifen. Darüber hinaus agiert der Klagsverband als Drehscheibe zwischen den verschiedenen Mitgliedern und hilft dabei, dass wir alle gleichzeitig und am selben Strang ziehen. Neben Verfahren nach dem Gleichbehandlungsrecht kann der Klagsverband auch Verbandsklagen nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz einbringen.
Bei unseren aktuell wichtigsten Verfahren zur Personenstandsänderung hilft uns der Klagsverband allerdings nicht, weil das nicht ins Gleichbehandlungsrecht fällt. Die Möglichkeiten des Klagsverbands sind für uns daher derzeit oftmals einen Schritt zu weit voraus, da wir für viele Verfahren einen korrekten Geschlechtseintrag bräuchten, um auf Basis dessen gegen Diskriminierung z.B. am Arbeitsplatz vorzugehen. Der konkrete Einzelfall ist nach wie vor die Voraussetzung im Gleichbehandlungsrecht, daher fordern wir in dem Papier, das sich gerade in Arbeit befindet, auch ein Verbandsklagerecht in diesem Bereich.
In einigen Fällen können wir aber was tun: Am 16.11.2022 haben wir die ÖBB bei der Gleichbehandlungskommission angezeigt. Um ein Ticket zu kaufen, muss eine Anrede „Herr“ oder „Frau“ ausgewählt werden. Konkret, dass das Formular Personen aufgrund des Geschlechts im Sinne des § 31 GlBG beim Zugang zu einer Dienstleistung diskriminiert. Weiters, dass die rein binäre Geschlechterauswahl eine geschlechtsbezogene Belästigung im Sinne des § 35 GlBG darstellt. Ziel ist es, das Urteil gegen die Deutsche Bahn, welches die gleiche Sachlage zugrunde liegt, in Österreich zu replizieren.
Das Urteil der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat rechtlich keine unmittelbare Relevanz, kann in einem Zivilverfahren aber als Indiz dienen. Vorteil der Gleichbehandlungskommission ist, dass sie im Gegensatz zum Zivilverfahren keine unmittelbaren Kosten für die Kläger*in verursacht. Bringt mensch eine Anwält*in mit, die muss eins selber bezahlen. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft stellt aber auch eine Vertretung. Ein Verfahren der GBK ist keine Voraussetzung für ein Zivilverfahren, wir wollen aber eins führen. Der Klagsverband hat auch schon grundsätzliches Interesse vorbehaltlich der Zustimmung der internen Gremien signalisiert, dieses Verfahren als Musterprozess zu führen. Wir halten euch über die Entscheidung der GBK, sobald sie uns vorliegt bzw. die nächsten Schritte auf dem Laufenden! Zusätzlich sind wir mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) in Kontakt zum Thema Nachtzüge. Im Schlafwagen muss aus den Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“ gewählt werden. In dieser Angelegenheit prüft die GAW von sich aus ein Verfahren anzustreben.
Venib ist jedenfalls offiziell Mitglied des Klagsverbands und am 3. April fand bereits der erste Austausch statt. Wir freuen uns schon auf die weitere Zusammenarbeit. Lasst euch nix gefallen 😉